Die prozessorientierte Hamburger Potenzialanalyse (pHP)
Um Jugendliche auf die Berufs- und Arbeitswelt vorzubereiten und die Übergänge in Ausbildung und Studium zu erleichtern, sind vielfältige schulische und außerschulische Berufsorientierungs- und Beratungsangebote notwendig. Die prozessorientierte Hamburger Potenzialanalyse (pHP) basiert auf den ausgewerteten Erfahrungen mit den bisher durchgeführten berufsorientierenden Angeboten.
Ziel ist es, die außer- und innerschulischen Angebote stärker zu verzahnen und den daraus entstehenden Prozesscharakter zu betonen, so dass eine Nachhaltigkeit im Berufsorientierungsprozess sichergestellt wird. Auf diese Weise bietet die pHP einen zusammenfassenden, dokumentierenden und reflektierenden Roten Faden im Rahmen der Berufs- und Studienorientierung der Jahrgangsstufen 8, 9 und 10 der Stadtteilschulen. Die Schülerinnen und Schüler lernen ihre Stärken, Fähigkeiten und Interessen, in Bezug auf erste berufsübergreifende Anforderungen zu reflektieren und werden motiviert, sich mit eigenen Zielen im Berufs- und Privatleben auseinanderzusetzen und ihre Kompetenzen im Sinne des lebenslangen Lernens weiter zu entwickeln. Damit unterstützt die pHP die Schülerinnen und Schüler gezielt bei ihrer begründeten Berufs- und Studienwahlentscheidung und führt zu einer gezielten Anschlussplanung.
Die Bausteine der pHP tragen zur Erweiterung des Berufswahlspektrums bei und regen die Schülerinnen und Schüler dazu an, sich mit Berufsperspektiven jenseits zugewiesener und tradierter Stereotype auseinanderzusetzen, wobei Aspekte des Gender Mainstreaming berücksichtigt werden. Die pHP ist inklusiv konzipiert, d.h. Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf werden in die unterschiedlichen Angebote mit einbezogen und integriert. Generell wird die Heterogenität und Interkulturalität der Hamburger Schülerschaft bei der Durchführung der pHP berücksichtigt.
Einordnung der prozessorientierten Hamburger Potenzialanalyse (pHP) in das Konzept der Berufs- und Studienorientierung in den Jahrgangstufen 8, 9 und 10 in der Stadtteilschule
Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten sich im Rahmen der pHP ein individuelles berufsbezogenes Kompetenzprofil, indem sie sich ihrer Interessen bewusst werden und Selbsteinschätzungen zu Sozial-, Personal- und Methodenkompetenzen mit Fremdeinschätzungen abgleichen. Durch die Handlungsorientierung können sie ebenso ihre fachlichen Kompetenzen reflektieren. Wichtig ist, dass die Schülerinnen und Schüler sich nicht zu früh festlegen oder festgelegt werden, sondern in einem flexiblen, entwicklungsfördernden Prozess zu einer begründeten Berufswahlentscheidung kommen. Die in den Schulen regelhaft eingeplanten pHP-Schülergespräche bieten die nötige Unterstützung bei der Reflexion und zusammenfassende Dokumentation der eigenen Einschätzungen im Prozess. Grundlage der Einschätzungen sind Handlungen, die im Rahmen der schulischen und außerschulischen Berufsorientierungsangebote oder in anderen unterrichtlichen Angeboten ausgeführt und reflektiert werden. Dabei werden sowohl die individuellen Interessen und Kompetenzen erfasst als auch Entwicklungspotenziale aufgezeigt. Durch verbindliche (Lern-)Vereinbarungen werden individuelle Weiterentwicklungen angeregt.
Überblick pHP-Elemente
Beschreibung der prozessorientierten Hamburger Potenzialanalyse (pHP)
Die pHP ist eine kontinuierlich begleitende Potenzialanalyse im Prozess der Berufsorientierung der Schülerinnen und Schüler und keine punktuelle (Kompetenz-) Feststellung.
Die prozessorientierte Hamburger Potenzialanalyse ist als eine Art Baukastenprinzip zu verstehen, das aus dem verpflichtenden Einstiegsmodul (Parcour: „Zukunft Jetzt! Entdecke deine Stärken“) besteht und um die Hamburger Werkstatttage 8 und 10 sowie um die Module der Servicestelle BOSO („First Steps“; „Ich finde einen Praktikumsplatz!“; „Studienorientierungstag“; „Wo stehe ich? Wo will ich hin?“) ergänzt werden kann. Dazu können Rückmeldungen und Reflexionsmöglichkeiten der schulischen Angebote (Lernbereich Arbeit und Beruf, Projektwochen, Schülerfirmen) und außerschulischer Bausteine (z. B. Besuch im BIZ, Praxiskurse bei der Handwerkskammer, Berufsberatung durch die Jugendberufsagentur) genutzt werden. Somit erhalten die Schulen viel Gestaltungsspielraum in der Umsetzung ihrer schuleigenen pHP. Ausgangspunkt ist die Feststellung vorhandener Kompetenzen und Interessen der Schülerinnen und Schüler in Klasse 8. In handlungs- und praxisorientierten Angeboten erhalten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich auszuprobieren und eigene Stärken, Fähigkeiten sowie Interessen zu identifizieren. Die Schülerinnen und Schüler sollen mithilfe der Ergebnisse erste Ideen für ihre weiteren Entscheidungen im Berufswahlprozess bekommen, zum Beispiel im Hinblick auf die zu erprobenden Berufsfelder der Werkstatttage in Klasse 8, die Praktika in Klasse 9 sowie eine individuell begründete Anschlussentscheidung in Klasse 10.
Innerhalb der pHP ist der Parcour „Zukunft Jetzt! Entdecke deine Stärken“ als verpflichtender Baustein in Klasse 8 als impulsgebend für den individuellen Berufsorientierungsprozess einzuordnen. Der Parcour ermöglicht den Schülerinnen und Schülern ihre eigenen Stärken, Fähigkeiten sowie Interessen zu entdecken. Die Ergebnisse der Selbst- und Fremdbeobachtungen werden im Anschluss an den Parcour in einem Auswertungsgespräch zusammenfassend reflektiert, um im Rahmen der pHP für nächste Schritte dokumentiert zu werden. Das Verfahren orientiert sich dabei an den Qualitätsstandards des BMBF für Potenzialanalysen.
Aufbauend auf die Erfahrungen aus dem Parcour sind die Hamburger Werkstatttage in Klasse 8 (HWst 8) als erste berufspraktische Erfahrungen zu verstehen, während der die Schülerinnen und Schüler verschiedene Berufsrichtungen, Branchen, Berufsfelder und Berufsbilder kennenlernen und ihr erstes praktisches Handeln in professionell ausgestatteten Werkstätten erleben. Weitere berufspraktische Erfahrungen können die Schülerinnen und Schüler in unterrichtlichen Angeboten der Schule (Lernbereich Arbeit und Beruf, Schülerfirmen, Teilnahmen an Wettbewerben, Wahlpflicht- und/oder Ganztagsangebote oder andere Projekte) oder weiteren praxisorientierten Angeboten, wie z.B. den Praxiskursen der Handwerkskammer sammeln. Ergänzend können (online basierte) Selbsterkundungs- und Interessenstests, wie z.B. Berufe-Universum auf planet-beruf.de oder Explorix genutzt werden.
Zum Abgleich der im Prozess der pHP gesammelten Stärken, Neigungen und Interessen erkunden die Schülerinnen und Schüler Berufsfelder, die den eigenen Kompetenzen und Zielen entsprechen, und vergleichen Anforderungen in unterschiedlichen Berufen, z.B. durch Betriebserkundungen, einen Besuch im Berufsinformationszentrum (BIZ) oder ergänzenden Internetrecherchen.
Die regelhaften, mindestens jährlichen, innerschulischen Reflexionsschleifen beinhalten Feedbackgespräche (z.B. im Rahmen der Lernentwicklungsgespräche) mit Bemerkungen zur Persönlichkeits- und zur Lernentwicklung (Rückmeldungen zu Sozial-, Personal- und Methodenkompetenzen).
In der Klassenstufe 9 erwerben die Schülerinnen und Schüler im Rahmen von zwei Praktikumsphasen praktische Einblicke in die Berufs- und Arbeitswelt, wobei die Wahl der Praktika im Sinne der pHP gezielt getroffen werden soll. Die Schülerinnen und Schüler erkunden in diesem Zusammenhang Berufsfelder und die Zugangsvoraussetzungen für Beruf und Studium. Sie reflektieren ihre eigenen Interessen und Fähigkeiten und gleichen diese mit ihren beruflichen Vorstellungen ab. Die Schülerinnen und Schüler werden in Klassenstufe 9 an den außerschulischen Lernorten insgesamt mindestens dreimal durch die verantwortliche Lehrkraft besucht und begleitet. Im Rahmen der Praktikumsbegleitung sowie in der Vor- und Nachbereitung können die Schülerinnen und Schüler die eigenen Stärken, Fähigkeiten sowie Interessen durch Selbst- und Fremdbeobachtungen weiter festigen und ausbauen.
Die Klassenstufe 10 dient der weiteren gezielten Übergangsqualifizierung der Schülerinnen und Schüler. Die Schülerinnen und Schüler arbeiten daran, ihre individuellen Anschlussziele zu erreichen und sich für den Übergang und die erfolgreiche Fortsetzung ihrer Bildungswege zu qualifizieren. Sowohl die Vorbereitung auf die gymnasiale Oberstufe als auch die Vorbereitung auf eine berufliche Ausbildung werden dabei unterstützt. Aufgrund der unterschiedlichen Bildungs- und Berufsentscheidungen der Schülerinnen und Schüler erfolgt die Berufs- und Studienorientierung in der Klassenstufe 10 flexibilisiert und individualisiert. Schülerinnen und Schüler können noch ein weiteres Praktikum absolvieren bzw. durch weitere praxisorientierte Angebote, wie z. B. die HWst 10 oder den „Studienorientierungstag“, zu einer begründeten Berufswahlentscheidung kommen.
Die Schülerinnen und Schüler reflektieren und dokumentieren die Teilnahme und die Ergebnisse mit Beginn der Klassenstufe 8 verpflichtend in einem individuellen Berufswahlportfolio. Das Arbeiten mit den Ergebnissen der pHP ist für alle an der Berufsorientierung Beteiligten verbindlich. Diesen stehen die Ergebnisse über das Berufswahlportfolio trägerunabhängig zur Verfügung. Die Schülerinnen und Schüler sollen so unterstützt werden, dass die Berufsberatung durch die Jugendberufsagentur ab der Klassenstufe 9 nahtlos an den Stand des Reflexions- und Entscheidungsprozesses der Jugendlichen anknüpfen und kontinuierlich aufbauen kann.
Weiteres Vorgehen
Im Schuljahr 2016/2017 wird die pHP an allen 59 Stadtteilschulen eingeführt, so dass eine Harmonisierung mit Schulen, die am Berufsorientierungsprogramm des BMBF (BOP) in Hamburger Ausprägung oder dem ESF-Bundesprogramm „Berufseinstiegsbegleitung“ teilnehmen, bereits zum 01. August 2016 möglich ist.
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Beschreibung der prozessorientierten Hamburger Potenzialanalyse (pHP)